Botulinumtoxin

Botulinumtoxin Serotyp A (Clostridium botulinum)
Botulinumtoxin Serotyp A (Clostridium botulinum)
Bändermodell nach PDB 3BTA

Vorhandene Strukturdaten: siehe UniProt-Eintrag

Masse/Länge Primärstruktur 447+848 AS (L+S)
Sekundär- bis Quartärstruktur Heterodimer L+S
Kofaktor Zn2+
Präkursor 1296 Aminosäuren; 146 kDa
Bezeichner
Gen-Name(n) BoNT/A
Externe IDs
Arzneistoffangaben
ATC-Code M03AX01
DrugBank DB00083
Wirkstoffklasse Muskelrelaxans
Transporter-Klassifikation
TCDB 1.C.8
Bezeichnung Botulinum/Tetanus Toxinfamilie
Enzymklassifikation
EC, Kategorie 3.4.24.69Metalloprotease
MEROPS M27.002
Reaktionsart Hydrolyse
Substrat Proteine der Neuroexozytose, Synaptobrevine, Syntaxine
Produkte Spaltprodukte
Vorkommen
Homologie-Familie Botulinumtoxin
Übergeordnetes Taxon Clostridium

Botulinumtoxin (BTX), auch Botulinum-Neurotoxin (BoNT), Botox (umgangssprachlich), Botulismustoxin, Botulinustoxin, Botulin ist ein Sammelbegriff für mehrere sehr ähnliche neurotoxische Proteine. Die Neurotoxine werden von verschiedenen Stämmen der Bakterienspezies Clostridium botulinum, Clostridium butyricum, Clostridium baratii sowie Clostridium argentinense[1] gebildet und ausgeschieden; es sind damit Exotoxine.[2]

Die Wirkung dieser Proteine beruht auf der Hemmung der Erregungsübertragung von Nervenzellen, was neben Störungen des vegetativen Nervensystems insbesondere eine Muskelschwäche bis hin zum Stillstand der Lungenfunktion zur Folge haben kann. Botulinumtoxin ist für Lebewesen wie den Menschen ein tödliches Gift. Die LD50-Werte für Mäuse betragen 3 ng/kg bei Inhalation[3] bis 4 ng/kg bei subkutaner Aufnahme.[4]

Die Vergiftung mit Botulinustoxinen wird Botulismus genannt und ist eine gefürchtete Lebensmittelvergiftung. Sie kann auch infolge von Darminfektionen und Wundinfektionen mit C. botulinum auftreten. Seit den 1980er-Jahren werden die von dem Bakterium erzeugten toxischen Proteine zu medizinischen Zwecken eingesetzt, vorwiegend zur Behandlung neurologischer Bewegungsstörungen (Dystonie, Spastik, Sialorrhoe). Die Verwendung in der kosmetischen Medizin zur vorübergehenden Abschwächung von Falten (Wirkungsdauer 3–6 Monate) ist in Deutschland seit 1993 zugelassen,[5] wird aber aufgrund der dadurch bedingten massiven Zunahme von Tierversuchen heftig kritisiert.[6][7][8] Außerdem besteht das Risiko gravierender Nervenschäden ohne medizinische Notwendigkeit für den Eingriff.

Clostridium botulinum kommt ubiquitär im Erdboden wie im Sediment von Gewässern vor und bildet widerstandsfähige Endosporen, ebenso wie Clostridium tetani, welches das strukturell ähnliche Tetanustoxin produziert. Welchen evolutionären Nutzen solche für den Wirt pathogenen Wirkstoffe dem parasitierenden Mikroorganismus bringen, ist Gegenstand der Diskussion.[9]

  1. E. J. Schantz, E. A. Johnson: Properties and use of botulinum toxin and other microbial neurotoxins in medicine. In: Microbiol Rev. 1992;56, S. 80–99.
  2. Kent R. Olson: Poisoning & drug overdose. 4. Auflage, McGraw-Hill Professional, 2004, ISBN 0-8385-8172-2, S. 136–138.
  3. Diane O. Fleming, Debra Long Hunt: Biological Safety: Principles and Practices. ASM Press, 2000, S. 267.
  4. H. Bigalke, H. Müller, F. Dreyer: Botulinum A neurotoxin unlike tetanus toxin acts via a neuraminidase sensitive structure. In: Toxicon : official journal of the International Society on Toxinology. Band 24, Nummer 11–12, 1986, S. 1065–1074, doi:10.1016/0041-0101(86)90133-9, PMID 3564058.
  5. Lydia Leipert: Faltenkiller Botox. In: Der Spiegel. 11. Oktober 2008, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 2. November 2023]).
  6. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen ÄgT.
  7. K. Botrill: Growing old disgracefully: The cosmetic use of botulinum toxin. In: ATLA. 31 2003, S. 381–391.
  8. M. Balls: Botulinum toxin testing in animals: the questions remain unanswered. In: Alternatives to laboratory animals: ATLA. Band 31, Nummer 6, Dezember 2003, S. 611–615, PMID 15560750 (Review).
  9. B. R. Levin: The evolution and maintenance of virulence in microparasites. In: Emerging infectious diseases. Band 2, Nummer 2, 1996 Apr-Jun, S. 93–102, doi:10.3201/eid0202.960203, PMID 8903208, PMC 2639826 (freier Volltext).

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